Fines Aufenthalt am Ashbury College (2016/17)

Ottawa, Ontario, Kanada

Zwischenbericht kurz vor Weihnachten

Hey ssb Nottebohm Team,

Ich habe gerade „prep time“ und ausnahmsweise mal nichts zu tun und schaue so zurück, was ich alles erlebt habe die letzten 4 Monate und dachte, ich lasse euch daran teilhaben, wie ich so klarkomme.

Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll.

Waren die ersten Wochen schwer? - Oh ja, das waren sie. Es war alles neu und zu dem Zeitpunkt hatte man noch keine Freunde gefunden oder jedenfalls niemanden mit dem man schon über seine Probleme reden kann. Der Anfang ist doch immer schwer und das ist  genau die Zeit, wo man seine Freunde braucht und mehr vermisst als man je getan hat. Man hat versucht, in jeder freien Minute die Familie oder Freunde anzurufen. Doch nach und nach wurde es besser und wenn ich jetzt mal so darüber nachdenke, habe ich schon total viele Freunde gefunden. Wobei ich sagen muss nicht nur Freunde, ich habe eine Schwester gefunden. Egal wann und wo, ich kann zu ihr kommen und mit ihr über alles reden und ich bin bereits ein Teil von ihrer Familie. Ich erzähle euch mal eine Story, die am letzten Sonntag passiert ist.

Ich war mal wieder bei Olivia wie jedes Wochenende (Mindestens einmal pro Woche - mit sleepover). Als ich ankam, war dir ganze Familie da und alle haben den Weihnachtsbaum geschmückt und es war eine ganz weihnachtliche Stimmung. Olivia, ihre drei Geschwister, ihre Mutter und Stiefvater, hatten alle eine süße Weihnachtsmütze auf und sie spielten weihnachtliche Musik. Als wir nach 2 Stunden Arbeit dann fertig damit waren, den Weihnachtsbaum zu schmücken, meinten sie „Okay guys, let’s take a family picture, like every year“. Alle stellten sich also vor den Baum und ich nahm irgendein Handy um das Foto zu machen. Ich stellte mich vor sie und war bereit zu fotografieren, als Olivias Mutter mir das Handy aus der Hand nahm und es auf ein Gestell stellte, dann sagte sie „Fine join the picture, because you are a part of our family now“. Ich war so glücklich in dem Moment. Ich habe eine Familie da gefunden, wo ich nicht nur mit Olivia befreundet bin, sondern mit der ganzen Familie. Ich gehe manchmal einfach zu denen, obwohl Olivia nicht da ist, einfach um ein bisschen Zeit mit ihnen zu verbringen.

Das war die Story, die am Sonntag passiert ist und mich sooooo glücklich gemacht hat.

Wie ist die Schule? — Puh, also jetzt weiß ich wie Leute das Sprichwort erfunden haben, „mein Kopf qualmt nach dem Lernen“. So fühlte ich mich in den ersten Wochen jeden Tag, während des Tages und nach jeder prep time. Aber mit der Zeit wurde es besser. „Ich habe meine Hausaufgaben vergessen“ gibt es hier fast gar nicht und schlampige Arbeit oder Vergessen von Arbeiten wird hier auch nicht gerne gesehen. Sollte es jedoch passieren, kann man seinen Nachmittag in der CLC (Bibliothek) verbringen. Ich wurde einmal dahin geschickt und diese Erfahrung brauche ich nicht noch mal. Testphase? Die gibt es hier nicht. Jede Woche mindestens einen Test. Nicht in jedem Fach, aber es gibt immer was zu lernen. Klar es gibt Phasen, die sind schwerer, wo man eine Menge zu lernen hat, aber entspannen und auf die faule Haut liegen, gibt es hier nicht. Es ist so deutlich schwerer, aber nach einer Zeit gewöhnt man sich auch daran.

Canadian spirit? — I am a Canadian girl „EH?“ hahah…
Aber ohne Witz, ich fange an den Canadian spirit zu fühlen und habe sogar immer eine Flasche Maple Syrup im Zimmer. Mit dem Wetter kann mich aber noch nicht so anfreunden…. Die letzte Woche -30 Grad und ich hatte echt keine Ahnung, wie ich das überleben konnte. Sobald ich nur für 10 Minuten rausgegangen bin, waren meine Beine gefroren und mein Gesicht war eisig und es sah aus, als hätte mir jemand eine ganze Packung Blush ins Gesicht geschüttet. Mit nassen Haaren zur Schule geht auch nicht mehr. Nach 3 Minuten ist jedes einzelne Haar gefroren.

Ich würde gerne noch weiter schreiben, aber eine Freundin ist gerade reingekommen und wir werden jetzt Netflix gucken. So verbringen wir die letzten Abende vor Weihnachten zusammen bis es dann für alle heißt Abschied nehmen, aber zum Glück ist es ja nicht für immer. Ich werde alle hier sooooo dolle vermissen, aber freue mich schon riesig nach Hause zu kommen.

Ganz liebe Grüße aus dem eiskalten und schneeigen Kanda……